Der Einsatz eines künstlichen Gelenks, sei es im Hüft- oder Kniebereich (Hüft-TEP oder Knie-TEP), markiert für viele Patienten einen Wendepunkt hin zu mehr Mobilität und Lebensqualität. Dennoch bestehen oft Unsicherheiten darüber, welche körperlichen Aktivitäten nach der Operation sicher ausgeübt werden können. Insbesondere der Kraftsport wirft Fragen auf: Welche Übungen sind geeignet mit Hüft-TEP und Knie-TEP? Welche sollten vermieden werden? Und wie beeinflusst die Wahl der Prothese, beispielsweise eine Kurzschaftprothese, die Trainingsmöglichkeiten? Dieser Artikel gibt fundierte Antworten auf diese Fragen und bietet praktische Empfehlungen für ein sicheres Training.
2. Kraftsport mit künstlichem Hüftgelenk
Nach der Implantation eines künstlichen Hüftgelenks (Hüft-TEP) ist es entscheidend, die umliegende Muskulatur zu stärken, um die Stabilität und Funktionalität des Gelenks zu unterstützen. Ein gezieltes Krafttraining kann dabei helfen, die Rehabilitation zu fördern und die Lebensqualität zu steigern.
2.1 Empfohlene Übungen mit Hüftprothese
- Beinpresse mit moderatem Widerstand: Diese Übung stärkt die Oberschenkelmuskulatur, insbesondere den Quadrizeps, ohne das Hüftgelenk übermäßig zu belasten. Es ist wichtig, den Bewegungsumfang zu kontrollieren und keine extremen Beugungen vorzunehmen.
- Abduktoren- und Adduktorentraining: Durch das Training der seitlichen Oberschenkelmuskulatur wird die Stabilität des Hüftgelenks verbessert. Übungen können an speziellen Maschinen oder mit Widerstandsbändern durchgeführt werden.
- Wadenheben im Stehen: Diese Übung kräftigt die Wadenmuskulatur und unterstützt die Beinachse, was zur Entlastung des Hüftgelenks beiträgt.
- Rumpfstabilisation (Planks): Ein starker Rumpf unterstützt die Körperhaltung und reduziert die Belastung auf die Hüfte. Planks und ihre Variationen sind hierfür besonders geeignet.
Es wird empfohlen, mit leichten Gewichten zu beginnen und die Intensität schrittweise zu erhöhen. Die korrekte Ausführung der Übungen sollte stets im Vordergrund stehen, um Fehlbelastungen zu vermeiden.
2.2 Zu vermeidende Übungen mit Hüftprothese
- Tiefe Kniebeugen (unter 90 Grad): Diese können das Hüftgelenk unnötig belasten und das Risiko einer Luxation erhöhen.
- Ausfallschritte mit hohem Gewicht: Sie erhöhen die Belastung auf das Hüftgelenk und können zu Instabilitäten führen.
- Beinpresse mit hohem Widerstand: Ein übermäßiger Widerstand kann zu einer erhöhten Kompression im Hüftgelenk führen.
- Übungen mit starker Hüftrotation: Bewegungen, die eine extreme Innen- oder Außenrotation der Hüfte erfordern, sollten vermieden werden, da sie das Risiko einer Prothesenluxation erhöhen können.
Generell sollten Übungen vermieden werden, die eine extreme Beugung oder Rotation des Hüftgelenks erfordern.
2.3 Vorteile der Kurzschaftprothese
Die Kurzschaftprothese bietet gegenüber traditionellen Prothesen einige Vorteile, insbesondere für aktive Patienten:
- Knochenerhalt: Durch die kürzere Verankerung wird mehr eigener Knochen erhalten, was zukünftige Revisionen erleichtert.
- Physiologischere Belastung: Die Belastung des Knochens ähnelt der des natürlichen Hüftgelenks, was den Muskelaufbau fördert.
- Schnellere Rehabilitation: Patienten können oft früher mit dem Training beginnen und erreichen schneller ihre volle Leistungsfähigkeit.
Diese Vorteile machen die Kurzschaftprothese besonders attraktiv für jüngere und sportlich aktive Patienten.
3. Kraftsport mit künstlichem Kniegelenk
Ein künstliches Kniegelenk (Knie-TEP) erfordert ebenfalls ein angepasstes Krafttraining, um die Funktionalität und Langlebigkeit des Implantats zu sichern.
3.1 Empfohlene Übungen mit Knieprothese
Nach einer Knie-TEP ist es wichtig, die Muskulatur rund um das Kniegelenk gezielt zu kräftigen, um Stabilität und Beweglichkeit zu fördern. Geeignete Übungen sind:
- Beinstrecker mit leichtem Widerstand:
- Trainiert den Quadrizeps (vordere Oberschenkelmuskulatur).
- Unterstützt die Kniestreckung und sorgt für Stabilität beim Gehen.
- Beinbeuger im Sitzen oder Liegen:
- Stärkt die hintere Oberschenkelmuskulatur (Hamstrings).
- Wichtig für das harmonische Zusammenspiel von Beuge- und Streckmuskulatur.
- Wadenheben im Sitzen oder Stehen:
- Fördert die Stabilität der Sprunggelenke, was das Knie entlastet.
- Rumpfstabilisation (seitliche und klassische Planks):
- Unterstützt eine aufrechte Haltung und entlastet die Gelenke.
- Step-Ups auf eine niedrige Stufe (10–15 cm):
- Trainiert die Kraft der Beine und die Koordination.
- Stärkt den Quadrizeps, ohne das Knie unnötig zu belasten.
3.2 Zu vermeidende Übungen mit Knieprothese
Einige Übungen bergen Risiken für ein künstliches Kniegelenk und sollten mit Vorsicht oder gar nicht ausgeführt werden:
- Tiefe Kniebeugen (unter 90 Grad):
- Führen zu hoher Belastung auf das Kniegelenk und können das Implantat schädigen.
- Beinpresse mit sehr hohem Gewicht:
- Hohe Kompressionskräfte können zu vorzeitigem Verschleiß führen.
- Sprungübungen (z. B. Box Jumps, Seilspringen):
- Erhöhen die Stoßbelastung und das Risiko von Implantatlockerungen.
- Beinpressen mit einseitiger Belastung:
- Kann zu asymmetrischer Belastung des Gelenks führen.
4. Allgemeine Empfehlungen für das Training mit Prothese
4.1 Aufwärmen und Dehnen
Ein gründliches Aufwärmen verbessert die Durchblutung und schützt die Gelenke vor Überlastung. Empfohlen werden:
- 5–10 Minuten leichtes Cardio (z. B. Radfahren oder Gehen auf dem Laufband)
- Sanfte Mobilisationsübungen für Hüfte und Knie
- Dynamisches Dehnen zur Verbesserung der Beweglichkeit
4.2 Progression und Intensität
- Das Training sollte mit
geringem Widerstand beginnen.
- Steigerung der Belastung
langsam und kontrolliert.
- Höhere Wiederholungszahlen (12–15) mit moderaten Gewichten sind oft sicherer als Maximalkraftversuche.
- Keine ruckartigen Bewegungen oder abrupte Belastungswechsel.
4.3 Übermäßige Kraftentwicklung und Implantatverschleiß
Ein künstliches Gelenk ist zwar belastbar, aber nicht unzerstörbar. Exzessive Kraftentwicklung kann dazu führen, dass sich Implantatbestandteile schneller abnutzen oder sich lockern.
- Extrem hohe Gewichte vermeiden: Besonders gefährlich sind schwere Kniebeugen oder Kreuzheben.
- Auf schleichende Verschleißsymptome achten: Schmerzen oder Instabilitätsgefühle sind Warnsignale.
- Regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Orthopäden wahrnehmen.
5. Zeitpunkt des Trainingsbeginns nach dem Gelenkersatz
Direkt nach der Implantation eines künstlichen Gelenks ist Kraftsport in der Regel nicht sinnvoll. Der Körper benötigt zunächst ausreichend Zeit, um zu heilen. Besonders wichtig ist die Regeneration des Weichteil- und Muskelmantels, der während der Operation durchtrennt oder gedehnt wurde. Zudem muss sich das Implantat stabil in den Knochen einfügen.
- Frühphase (0–6 Wochen): Fokus auf sanfte Beweglichkeitsübungen, Gangschulung und leichte Belastung unter physiotherapeutischer Anleitung.
- Mittelfristige Phase (6–12 Wochen): Langsamer Muskelaufbau mit funktionellen Übungen, aber ohne hohe Widerstände.
- Spätphase (ab 3–6 Monaten): Erst wenn das künstliche Gelenk vollständig im Knochen eingewachsen ist und die Muskulatur sich stabilisiert hat, kann mit gezieltem Kraftsport begonnen werden.
Ein verfrühter Einstieg in intensives Training kann das Risiko für Implantatlockerungen oder Weichteilschäden erhöhen. Daher ist es entscheidend, den individuellen Heilungsverlauf abzuwarten und eng mit dem behandelnden Arzt oder Physiotherapeuten zusammenzuarbeiten.
6. Fazit: Kraftsport ist auch mit künstlichem Gelenk möglich!
Kraftsport mit einem künstlichen Gelenk ist nicht nur möglich, sondern auch empfehlenswert – unter der Voraussetzung, dass die richtigen Übungen gewählt und übermäßige Belastungen vermieden werden.
- Beim Hüftgelenk sind
stabilisierende Übungen sowie eine gute Rumpfmuskulatur entscheidend.
- Beim Kniegelenk sollte der Quadrizeps gezielt trainiert werden, ohne das Gelenk zu überlasten.
- Die
Kurzschaftprothese bietet aktive Vorteile und erleichtert den Wiedereinstieg in den Sport.
- Übermäßige Kraftentwicklung kann das Implantat schädigen, daher sollte die Belastung moderat gesteigert werden.
Mit einer durchdachten Trainingsplanung kann Kraftsport mit künstlichem Gelenk zur langfristigen Gesundheit und Mobilität beitragen.