Nachteile von Keramik-auf-Keramik Gleitpaarungen bei Hüftprothesen
Keramik-auf-Keramik vs. Keramik-Polyethylen:
Wo liegen die Vorteile, wo liegen die Nachteile?

In der modernen Endoprothetik stehen verschiedene Gleitpaarungen für Hüftprothesen (Hüft-TEP, künstliches Hüftgelenk) zur Verfügung. Eine dieser Optionen ist die Keramik-auf-Keramik (CoC) Gleitpaarung, bei der sowohl der Hüftkopf als auch die Pfanne aus Keramik bestehen. Obwohl diese Gleitpaarung für ihre hohe Abriebfestigkeit und Biokompatibilität bekannt ist, gibt es spezifische Nachteile, die bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden sollten.
Keramik-auf-Keramik Gleitpaarungen bei Hüftprothesen galten lange als vielversprechende Alternative zu anderen Materialkombinationen. Sie wurden wegen ihrer hohen Verschleißfestigkeit und Biokompatibilität geschätzt. Doch mit zunehmender Erfahrung und den Fortschritten bei anderen Materialien zeigt sich, dass die Nachteile dieser Gleitpaarung in vielen Fällen überwiegen. Heute gilt Keramik-auf-hochvernetztem-Polyethylen als Goldstandard – aber warum?
Was ist eine Keramik-auf-Keramik Gleitpaarung?
Die Gleitpaarung in einer Hüftprothese beschreibt die Materialien, die im Gelenk gegeneinander bewegen. Bei einer Keramik-auf-Keramik Gleitpaarung eine künstlichen Hüftgelenks bestehen sowohl der Gelenkkopf als auch die Gelenkpfanne aus keramischem Material – meist Aluminiumoxid- oder Zirkoniumoxidkeramik. Diese Materialien sind extrem hart und verschleißarm, was sie besonders langlebig macht.
Vorteile von Keramik-auf-Keramik Gleitpaarungen bei Hüftprothesen
Bevor wir uns den Nachteilen widmen, ist es wichtig, die positiven Eigenschaften zu verstehen, die diese Gleitpaarung zunächst so attraktiv machen:
- Geringer Abrieb: Keramik ist extrem verschleißarm. Das verringert das Risiko, dass Partikel in den Gelenkraum gelangen und eine sogenannte partikelinduzierte aseptische Lockerung verursachen.
- Biokompatibilität: Keramik ist ein sehr gut verträgliches Material, das kaum allergische Reaktionen oder Entzündungen hervorruft.
- Glatte Oberfläche: Keramische Oberflächen sind extrem glatt, was die Reibung im Gelenk minimiert und die Beweglichkeit verbessert.
- Langlebigkeit: Studien zeigen, dass moderne Keramikprothesen eine hohe Lebensdauer aufweisen – insbesondere bei jüngeren, aktiven Patienten ein wichtiger Aspekt.
Keramik punktet durch ihre extreme Härte, hohe Verschleißfestigkeit und gute Biokompatibilität. Diese Vorteile führten dazu, dass Keramik-auf-Keramik Gleitpaarungen zeitweise als ideal galten, insbesondere für jüngere, aktive Patienten. Dennoch haben sich mit der Zeit erhebliche Nachteile herauskristallisiert.
Hauptnachteile der Keramik-auf-Keramik Gleitpaarung bei Hüftprothesen
1. Bruchrisiko
Keramik ist ein sprödes Material, das unter bestimmten Bedingungen, wie beispielsweise hoher Belastung oder Fehlstellungen, brechen kann. Trotz moderner Fertigungsmethoden bleibt dieses Risiko bestehen, insbesondere bei jüngeren und sportlich aktiven Patienten. Früher war das Bruchrisiko sogar erheblich höher – durch verbesserte Herstellungstechniken und Materialzusammensetzungen ist es mittlerweile zwar seltener geworden, aber keinesfalls ausgeschlossen. Ein Bruch der Keramikkomponenten stellt eine schwere Komplikation dar und erfordert in der Regel eine aufwändige Wechseloperation.
Warum bricht Keramik?
Keramik ist extrem hart, aber eben auch spröde. Das bedeutet, sie hält hohen Druckbelastungen gut stand, reagiert jedoch empfindlich auf Scherkräfte und punktuelle Belastungen. Bereits kleine Fehlstellungen der Prothese oder eine ungleichmäßige Belastung können Mikrorisse verursachen, die langfristig zum Bruch führen. Bei einem Sturz steigt das Risiko zusätzlich.
2. Squeaking-Phänomen
Ein weiteres bekanntes Problem ist das Auftreten von Quietschgeräuschen, auch als "Squeaking" bezeichnet. Diese Geräusche können die Lebensqualität der Patienten erheblich beeinträchtigen und treten bei CoC-Gleitpaarungen häufiger auf als bei anderen Materialien. Das Squeaking entsteht durch Reibungsvibrationen zwischen den Keramikflächen und ist besonders bei bestimmten Bewegungen, wie schnellen Rotationen oder großen Bewegungsumfängen, hörbar.
Ursachen des Squeakings
- Fehlstellung der Implantate: Schon kleine Abweichungen in der Position der Komponenten können das Risiko von Geräuschentwicklungen erhöhen.
- Trockenlauf: Wenn die Synovialflüssigkeit nicht ausreichend zwischen die Gleitflächen gelangt, kann es zu trockener Reibung kommen.
- Abnutzung der Oberfläche: Mikrorisse oder Unebenheiten durch Belastung können das Entstehen von Geräuschen begünstigen.
3. Hohe Präzisionsanforderungen
Die Toleranz von Keramik-auf-Keramik Gleitpaarungen gegenüber Abweichungen in der Positionierung von Kopf und Pfanne ist gering. Dies erfordert eine sehr genaue, möglichst computerunterstützte Planung und Implantation, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Bereits kleinste Fehlstellungen können zu einem erhöhten Verschleiß, Geräuschen oder sogar Brüchen führen.
Technische Herausforderungen
- Winkelgenaue Positionierung: Der Pfannenwinkel und die Ausrichtung des Prothesenschafts müssen exakt aufeinander abgestimmt sein.
- Weichteilbalancierung: Eine ungleichmäßige Spannung der umgebenden Muskulatur und Kapselstrukturen kann zu Fehlbelastungen führen.
- Operative Technik: Nur erfahrene Operateure mit moderner Technik können die Präzision gewährleisten, die für diese Art der Gleitpaarung notwendig ist.
4. Kosten und Komplexität
Keramik-auf-Keramik Prothesen sind teurer als andere Gleitpaarungen wie Keramik-auf-Polyethylen oder Metall-auf-Polyethylen. Die höhere Materialqualität und die anspruchsvollere Herstellung spiegeln sich im Preis wider. Zudem ist die Implantation technisch anspruchsvoller, was längere OP-Zeiten und potenziell höhere Komplikationsraten bedeuten kann.
Alternative Gleitpaarungen für das künstliche Hüftgelenk
Aufgrund der genannten Nachteile wird die Verwendung von Keramik-auf-Keramik Gleitpaarungen in der Hüftendoprothetik zunehmend hinterfragt. Es gibt einige Alternativen, die ähnliche Vorteile bieten, jedoch weniger komplikationsanfällig sind:
- Keramik-auf-hochvernetztem Polyethylen (CoXPE): Bietet eine gute Kombination aus Abriebfestigkeit und Bruchsicherheit.
- Metall-auf-Polyethylen: Besonders bei älteren Patienten noch eine gängige Wahl, allerdings mit höherem Abrieb.
- Metall-auf-Metall: Aufgrund von Metallabrieb und potenzieller Metallionenfreisetzung mittlerweile kaum noch im Einsatz.
Warum Keramik auf hochvernetztem Polyethylen der heutige Standard ist
In den letzten Jahren hat sich eine andere Materialkombination als überlegen erwiesen: Keramik auf hochvernetztem Polyethylen. Diese Gleitpaarung kombiniert die Vorteile der Keramik mit den modernen Entwicklungen im Bereich der Polyethylen-Inlays.
Hochvernetztes Polyethylen – was macht es so besonders?
Hochvernetztes Polyethylen durchläuft einen speziellen Herstellungsprozess, bei dem die Polymerketten stärker miteinander verbunden werden. Das Ergebnis ist ein Material, das deutlich abriebfester und langlebiger ist als frühere Polyethylenvarianten. Zudem bleibt es elastisch genug, um Fehlstellungen oder kleine Belastungsabweichungen besser zu kompensieren.
Vorteile von Keramik-auf-hochvernetztem Polyethylen
- Reduzierter Abrieb: Hochvernetztes Polyethylen produziert im Vergleich zu herkömmlichem Polyethylen deutlich weniger Abriebpartikel, was das Risiko von Lockerungen und Osteolysen (Knochenabbau durch Partikelreaktionen) minimiert.
- Keine Geräuschbildung: Im Gegensatz zur Keramik-auf-Keramik Gleitpaarung gibt es kein Quietschen.
- Höhere Bruchsicherheit: Keramikköpfe bleiben zwar bestehen, aber das Polyethylen-Inlay bringt eine zusätzliche Pufferung mit, die das Risiko von Brüchen oder Splittern erheblich verringert.
- Anpassungsfähigkeit: Hochvernetztes Polyethylen toleriert kleinere Fehlstellungen besser und reduziert das Risiko von Edge Loading.
- Kosteneffizienz: Die Kombination ist günstiger in der Herstellung und Anwendung als reine Keramik-auf-Keramik Gleitpaarungen.
Fazit: Warum Keramik-auf-hochvernetztem Polyethylen die sichere Wahl ist
Keramik-auf-Keramik Gleitpaarungen haben in der Hüftendoprothetik zweifellos ihre Vorteile – insbesondere in Bezug auf Abriebfestigkeit und Biokompatibilität. Dennoch überwiegen die Nachteile: Geräuschbildung, Bruchgefahr und die geringe Fehlertoleranz machen sie für viele Patienten zur weniger idealen Lösung.
Moderne Gleitpaarungen aus Keramik auf hochvernetztem Polyethylen bieten heute eine bessere Balance aus Langlebigkeit, Belastbarkeit und Patientenzufriedenheit bei Hüftprothesen. Sie minimieren Abrieb, sind leiser und weniger bruchanfällig – Eigenschaften, die insbesondere für aktive Patienten von großer Bedeutung sind. Wer eine Hüftprothese benötigt, sollte daher gemeinsam mit seinem behandelnden Arzt die Vor- und Nachteile genau abwägen – und dabei die neueren, bewährten Alternativen im Blick behalten.
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