Patellofemoralprothese - warum sie häufig keinen guten Ruf hat

ENDOPROTHETICUM Rhein-Main / Prof. Dr. med. K.P. Kutzner

Eine passende Indikation für eine Patellofemoralprothese (PFJ)

besteht nur sehr selten!

Die Patellofemoralprothese, auch bekannt als Retropatellarersatz oder PFJ (Patellofemoral Joint) Prothese, ist eine spezielle Form des Teilgelenkersatzes, die bei isolierter Arthrose des Patellofemoralgelenks eingesetzt wird. Trotz ihrer theoretischen Vorteile, wie der Schonung der nicht betroffenen Gelenkabschnitte, hat sie in der Orthopädie keinen besonders guten Ruf. Aber woran liegt das? In diesem Artikel werden die Gründe für die Skepsis gegenüber dieser Prothese detailliert beleuchtet, beginnend mit der Diagnose der Retropatellararthrose bis hin zu den Herausforderungen und Verbesserungen der Patellofemoralprothese.


Anatomie und Funktion des Patellofemoralgelenks

Das Kniegelenk besteht aus drei Hauptgelenkabschnitten: dem medialen und lateralen femorotibialen Gelenk sowie dem Patellofemoralgelenk. Letzteres umfasst die Interaktion zwischen der Kniescheibe (Patella) und dem Oberschenkelknochen (Femur). Die Hauptfunktion der Patella ist es, die Hebelwirkung des Quadrizepsmuskels zu verbessern und die Kraftübertragung auf das Kniegelenk zu optimieren. Durch die Belastung im Alltag und insbesondere bei sportlichen Aktivitäten ist dieser Bereich jedoch anfällig für Arthrose.


Retropatellararthrose: Definition und Ursachen

Retropatellararthrose bezeichnet den Verschleiß des Gelenkknorpels zwischen der Patella und dem Oberschenkelknochen. Zu den häufigsten Ursachen gehören:

  • Fehlstellungen wie eine Patelladysplasie oder eine Patellaluxation
  • Knorpelschäden durch Traumata oder Überlastung
  • Fehlbelastungen aufgrund von muskulären Dysbalancen
  • Postoperative Veränderungen nach vorherigen Knieoperationen


Symptome der Retropatellararthrose

Patienten mit Retropatellararthrose berichten typischerweise über:

  • Schmerzen bei Belastung, insbesondere beim Treppensteigen
  • Anlaufschmerzen nach längerem Sitzen
  • Knirschende Geräusche (Krepitationen) bei Bewegungen
  • Schwellungen und Bewegungseinschränkungen


Diagnose der Retropatellararthrose

Die Diagnose der Retropatellararthrose basiert auf einer Kombination aus klinischer Untersuchung und bildgebenden Verfahren. Dazu gehören:

  • Klinische Tests, z. B. der Patelladruckschmerztest
  • Röntgenaufnahmen, insbesondere in speziellen Ebenen (z. B. Sunrise-View)
  • MRT-Untersuchungen zur Beurteilung des Knorpelschadens


Konservative Behandlungsmöglichkeiten

Vor einer operativen Versorgung wird in der Regel zunächst eine konservative Therapie empfohlen, bestehend aus:

  • Physiotherapie zur Kräftigung der umgebenden Muskulatur
  • Schmerzmedikation, z. B. NSAR
  • Injektionen mit Hyaluronsäure oder PRP
  • Orthopädische Hilfsmittel, z. B. Patellabänder


Operative Behandlungsmöglichkeiten

Falls die konservative Therapie nicht ausreicht, stehen verschiedene operative Optionen zur Verfügung:

  • Arthroskopische Knorpelglättung
  • Umstellungsosteotomie zur Korrektur von Fehlstellungen
  • Patellofemoralprothese als selektiver Gelenkersatz


Die Patellofemoralprothese: Indikationen und Verfahren

Die Indikationsstellung für eine Patellofemoralprothese (PFJ-Prothese) ist von entscheidender Bedeutung, da sie nur für eine sehr begrenzte Patientengruppe geeignet ist. Eine unsaubere oder zu großzügige Indikationsstellung kann zu unbefriedigenden Ergebnissen, erneuten Schmerzen und letztlich zu einer notwendigen Revisionsoperation führen.

Warum ist die Indikationsstellung so entscheidend?

Die Patellofemoralprothese ersetzt lediglich das Gleitlager zwischen Kniescheibe (Patella) und Oberschenkelknochen (Femur). Sie ist also eine Teilprothese, die ausschließlich für Patienten mit einer isolierten Retropatellararthrose (Arthrose des Kniescheibengelenks) infrage kommt. Das bedeutet:

Geeignete Indikation:

  • Primäre Retropatellararthrose: Die Arthrose ist ausschließlich auf das patellofemorale Gelenk beschränkt, ohne Anzeichen einer Abnutzung in den anderen Gelenkanteilen (mediales oder laterales Kompartiment).
  • Posttraumatische Retropatellararthrose: Nach einem Kniescheibenbruch oder anderen Verletzungen kann eine selektive Arthrose im Patellofemoralgelenk entstehen.
  • Dysplasiebedingte Retropatellararthrose: Bei Patienten mit einer angeborenen Fehlform der Kniescheibe oder der dazugehörigen Gleitrinne im Oberschenkelknochen kann sich vorzeitig eine isolierte Arthrose entwickeln.

Kontraindikationen – Wann ist eine PFJ-Prothese ungeeignet?

  • Generalisierte Kniearthrose: Sind bereits andere Gelenkanteile betroffen, ist eine Totalendoprothese (Knie-TEP) meist die bessere Wahl.
  • Bänderschwäche oder Instabilitäten: Eine isolierte PFJ-Prothese stabilisiert das Knie nicht, daher sind Patienten mit Bandinstabilitäten oder Achsfehlstellungen ungeeignet.
  • Fehlstellung der Kniescheibe (Maltracking): Eine unzureichend ausgerichtete Patella führt zu ungünstigen Druckverhältnissen und schlechter Funktion der Prothese.

Fazit: Nur sehr wenige Patienten sind geeignete Kandidaten

Aufgrund der strengen Indikationskriterien kommt eine PFJ-Prothese nur für einen sehr kleinen Anteil der Patienten infrage. Viele Patienten mit Schmerzen im vorderen Kniebereich leiden entweder an einer generellen Kniearthrose oder biomechanischen Problemen, die eine PFJ-Prothese nicht lösen kann.

Daher ist eine gründliche diagnostische Abklärung durch einen Spezialisten essenziell, bevor eine Patellofemoralprothese in Erwägung gezogen wird. Nur wenn die Indikation exakt passt, kann diese Teilprothese eine gute Langzeitlösung darstellen.


Warum hat die Patellofemoralprothese einen schlechten Ruf?

Obwohl die Idee eines isolierten Gelenkersatzes vielversprechend ist, gibt es verschiedene Faktoren, die zur Skepsis gegenüber dieser Prothese beigetragen haben:

  • Hohe Revisionsrate: Studien zeigen, dass viele Patienten später eine Totalendoprothese benötigen.
  • Probleme mit der Biomechanik: Die Prothese muss optimal ausgerichtet sein, um Komplikationen wie Fehlbelastungen zu vermeiden.
  • Hohe Patientenerwartungen: Oftmals erwarten Patienten nach der OP eine vollständige Schmerzfreiheit, was nicht immer gewährleistet werden kann.


Patientenauswahl und präoperative Planung

Die richtige Auswahl der Patienten ist entscheidend für den Erfolg einer Patellofemoralprothese. Kriterien sind unter anderem:

  • Nachweislich isolierte Retropatellararthrose
  • Fehlende oder geringe degenerative Veränderungen in anderen Knieabschnitten
  • Stabile Bänder und keine fortgeschrittene Achsfehlstellung


Rehabilitation nach Patellofemoralprothese

Die postoperative Nachbehandlung spielt eine wesentliche Rolle für den Therapieerfolg. Die wichtigsten Maßnahmen umfassen:

  • Frühe Mobilisation, um Muskelabbau zu vermeiden
  • Gezieltes Krafttraining zur Stabilisierung des Knies
  • Koordinationstraining für eine verbesserte Beweglichkeit


Fazit

Die Patellofemoralprothese (PFJ) kann für ausgewählte Patienten eine gute Lösung sein, leidet jedoch unter einem schlechten Ruf aufgrund früherer negativer Erfahrungen. Moderne Entwicklungen und eine verbesserte Patientenselektion könnten dazu beitragen, die Akzeptanz dieser Prothesenform in Zukunft zu steigern.

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